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Klappentext
„Es ist kurz vor Mitternacht, als drei junge Einbrecher in einen verlassenen Gemischtwarenladen eindringen, um nach ihrem Raubzug unterzutauchen. Doch Atsuya, Shota und Kohei finden bis zum Morgengrauen keine ruhige Stunde: Ein Brief wird von außen durch einen Schlitz in den Laden geworfen, obwohl in der Dunkelheit vor der Tür kein Mensch zu sehen ist. Als ihn die erstaunten Kleinkriminellen öffnen, beginnt eine unglaubliche Geschichte, die eine Nacht lang das Leben unzähliger Menschen verändern wird - und eigentlich begann sie vor über dreißig Jahren, als ein weiser alter Mann mit seinen Worten kleine Wunder vollbringen konnte.“
Meinung
Dieser Roman kam für mich genau zur richtigen Zeit. Ich konnte mich in der Geschichte verlieren und irgendwie war ich am Ende glücklich.
Wir begleiten im ersten Kapitel also unsere drei Kleinkriminellen Atsuya, Shota und Kohei, wie sie Unterschlupf im alten Gemischtwarenladen von Herrn Namiya suchen. Sympathieträger sind sie nicht so wirklich, aber sie sind auch keine schlechten Menschen, das merkte ich recht schnell durch ihr Handeln im Laden. Denn welcher skrupellose Kriminelle würde sich den Briefen widmen, die da mitten in der Nacht wie von Zauberhand in den Laden geworfen werden? Atsuya, Shota und Kohei lesen diese intimen Briefe nicht nur, sie antworten den Absender*innen sogar! Ob die erteilten Ratschläge der drei gut oder schlecht sind, müssen die Empfänger*innen selbst beurteilen.
Die drei Jungs können es selbst nicht glauben: In Namiya Gemischtwarenladen scheint die Zeit still zu stehen und es ist nur ein ganz schmaler Grat zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Wie können Briefe aus der Vergangenheit in den Laden geworfen werden? Können die drei Jungs immer gute Ratschläge erteilen? Wie passt das alles zusammen? Wie können Briefe im Jetzt erscheinen, wenn die schreibende Person bereits vor 30 Jahren nach Rat suchte?
In den weiteren Kapiteln lernen wir einige der Ratsuchenden näher kennen. Es waren meist nicht allzu spannende Geschichten, um ehrlich zu sein. An vielen Stellen wurde es mir persönlich zu langatmig. Das kann einerseits natürlich gut sein, denn es entschleunigt auch sehr während des Lesens und im Alltag. Und genau das habe ich Anfang April gebraucht.
Aber alle Geschichten hängen zusammen, alle Rat suchenden Menschen, kennen sich, auch wenn es nur über drei Ecken ist und sich ihre Wege nie so richtig gekreuzt haben. Es war spannend zu lesen, wie der Autor die Fäden zusammen gezogen hat und am Ende ein stimmiges Bild erschaffen wurde. Am tollsten und berührenden fand ich die Geschichte, in dem es um Herrn Namiya selbst geht. Besonders folgendes Zitat war rührend:
⟫
Drohbriefe, dumme Scherze, das spielt für mich keine Rolle. Ich behandle jeden Brief als Hilfeschrei. Diese Menschen sind nicht anders als wir. Sie haben ein Loch in ihrem Herzen, und etwas Lebensnotwendiges sickert heraus.
S. 143
Keigo Higashino war mir vorher leider nicht bekannt, jedoch sind er und seine bisher erschienenen Kriminalromane sehr beliebt. Ich werde mir den Namen des japanischen Autors definitiv merken. Seinen Erzählstil mochte ich sehr gerne - ruhig, unaufgeregt, sensibel, emotional, nah am Menschen, mit all den kleinen Facetten. Vielleicht können seine Krimis ja mithalten.
Fazit
„Kleine Wunder um Mitternacht“ von Keigo Higashino ist ein emotionales, leises Buch über die Wunder, die ein alter weiser Mann durch seine Ratschläge und lieben Worte erschafft. Für mich an einigen Stellen etwas zu lang erzählt, konnte es mich dennoch abholen und überzeugen. Ich vergebe vier Sterne. ⭐️⭐️⭐️⭐️
Namiya zakkaten no kiseki
(The Miracles of the Namiya General Store)
übersetzt von Astrid Finke
Roman
978-3-8090-2710-2
20,00€
416 Seiten
Hardcover
erschienen am 13. April 2021