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„Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemann


[ Werbung. Rezensionsexemplar. ]

 

Von Norden rollt ein Donner und verhallt. Blitzlos. Keines der Tiere zuckt, auch der Hirte nicht. Er schaut nicht einmal auf, trottet weiter. Langsam, als würde die Zeit um sie träger fließen, ziehen sie hinaus über das verblühte Land, sacht gewellte Ödnis, gefärbt von braun verholztem Kraut und Sand, wo nichts emporragt außer den Wacholdersträuchern, zerbrochenen Säulen gleich.

Zitat S. 7

 


Bereits auf der ersten gelesenen Seite hatte mich Markus Thielemann mit seiner Ausdrucksweise komplett abgeholt. Schon hier wird klar, dass es eher eine düstere Geschichte wird, was bei der Thematik auch wenig überrascht. Markus Thielemann nimmt uns mit in die Heide, die zwischen Celle und Uelzen liegt. Vielleicht hat mich der Roman genau deswegen so gecatcht: Wolfsburg liegt unweit der Lüneburger Heide, es ist also fast ein Heimspiel, wenn man die Gegend ein wenig kennt. Aber auch, wenn man die Heide nicht kennt, ist der Roman unbedingt lesenswert!

 

Markus Thielemann, der selbst in einem Dorf im Norden Deutschlands aufgewachsen ist, beschreibt die karge, fast trostlos wirkende Heide schön und poetisch. Mit dem 19-jährigen Jannes hat er einen jungen Protagonisten erschaffen, der im Laufe der Geschichte etwas Mystisches erlebt, was er sich selbst nicht erklären kann. Wer ist diese Frau, die verwahrlost aussieht, die aber nur Jannes zu Gesicht bekommt? Woher kommt die Frau, wohin geht sie, wenn sie einfach verschwindet? Hat die Frau direkt etwas mit Jannes zu tun?

 

In „Von Norden rollt ein Donner“ spielt der Wolf und auch die Politik drumherum eine wichtige, ausschlaggebende Rolle. Es gibt einen Wolf in der Heide, der aber nie gesichtet wird - trotzdem werden Schafe gerißen. Dient der Wolf, den man nie sichtet, dem neurechten Nachbarn, dem man seine Gesinnung erst nicht ansieht? Ist der Wolf ein Symbol für unterschwelligen Horror? Besonders spannend ist es, dass sich das Konzentrationslager Bergen-Belsen in der Nähe der Heide befindet. Die Gegend ist also nicht nur landschaftlich ein gut gewählter Ort für die Geschichte, es ist historisch auch sehr relevant.

 

Da ist der gleiche Wurm in meinem Blut, der frisst mich auf, der kriecht mir in den Kopf, lässt mich Dinge sehen, die nicht sind, lässt mich Dinge erinnern, die nie waren, und den Rest frisst er auf, der frisst alles auf, was ich weiß und kenne.

Zitat S. 120


 

„Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemann ist sprachlich wundervoll, historisch wichtig und spricht Dinge an, die aus der NS-Vergangenheit stammen, aber heute umso wichtiger sind. Ich gebe eine klare Leseempfehlung!

 


 

„Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemann

erschienen am 11. Juli 2024 beim Verlag C.H. Beck

Hardcover ⎜ 287 Seiten ⎜ 23€

 

 

Ich danke dem Verlag C.H. Beck für das Rezensionsexemplar! 

 

Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2024 - NDR Buch des Monats Juli 2024